Durch eine Festlegung von Objektschutzmaßnahmen in Raumplanungsinstrumenten kann die jeweilige Nutzung an die Gefahrensituation angepasst und damit das Risiko auf ein angestrebtes Schutzziel reduzieren werden. Eine risikoorientierte Raumplanung unterscheidet nicht nur zwischen „bauen“ und „nicht bauen“ auf Basis der Intensität und Eintrittswahrscheinlichkeit eines Gefahrenereignisses, sondern reagiert auf die Gefährdung auch, in dem sie festlegt, wie gebaut werden soll. Zudem berücksichtigt eine risikoorientierte Raumplanung nicht nur Gefährdungen entsprechend den gelben und roten Gefahrenzonen – auch geringe Gefährdungen bzw. Restgefährdungen sollen bedacht werden, denn häufig besteht ein hohes Risiko genau in jenen Bereichen, wo zwar die Gefahr gering, aber die Nutzung sehr intensiv ist. Eine risikoorientierte Vorgehensweise, die die jeweilige Nutzung an die Gefahrensituation anpasst, erscheint vor allem in jenen gefährdeten Bereichen sinnvoll, in denen eine Baulandwidmung nicht ausgeschlossen ist. Im Zuge der Analyse der Raumordnungsgesetze der Bundesländer Niederösterreich, Oberösterreich, Tirol und Steiermark konnten folgende Bereiche ausfindig gemacht werden, in denen eine risikoorientierte Raumplanung durch die Vorschreibung gefahrenangepasster Bauweisen als sinnvoll erachtet werden kann:
- Gelbe Gefahrenzonen bzw. Bereiche zwischen HQ30 und HQ100, wenn eine Bebauung dort raumordnungsrechtlich nicht ausgeschlossen ist
- Siedlungsschwerpunkte, Baulücken im geschlossenen Ortsgebiet, standortgebundene Bauwerke und sonstige Bereiche in denen Ausnahmebestimmungen gelten
- Gefahrenhinweisbereiche
- Restrisikobereiche.
Aus der Analyse der aktuellen Gesetzeslage und der ExpertInnenbefragung auf Basis von qualitativen Interviews geht hervor, dass in den ausgewählten Bundesländern durchaus Handlungsspielraum existiert eine risikoorientierte Raumplanung mittels baulicher Anpassungsmaßnahmen in der Praxis umzusetzen – einzig in Niederösterreich bestehen kaum Möglichkeiten in der Bebauungsplanung naturgefahrenrelevante Festlegungen zu verankern.
In der Steiermark hingegen können gefährdete Bereiche zunächst als Aufschließungsgebiete gewidmet und Schutzmaßnahmen in den Aufschließungserfordernissen festgelegt werden.
In Tirol kann die Baulandwidmung in gefährdeten Bereichen generell an ein fachliches Gutachten geknüpft werden. Auch ein Sicherheitskonzept, das rein organisatorische Maßnahmen für den Ereignisfall festsetzt, kann als Grundlage für eine Baulandwidmung herangezogen werden. Auch textliche Ergänzungen zur Widmung sind in Tirol möglich, die die Sicherheit aus Sicht der Raumplanung erhöhen, dass die notwendigen Vorkehrungen in weiterer Folge im Bauverfahren umgesetzt werden.
In Oberösterreich ist es möglich, derartige Festlegungen durch das Ausweisen einer Schutzzone im Flächenwidmungsplan zu definieren. Mit diesen Instrumenten kann auch ein Bebauungsplan für den gefährdeten Bereich vorgeschrieben werden, in dem dann wiederum konkretere Schutzmaßnahmen festgelegt werden können. Im Flächenwidmungsplan kann immer nur die Art der Maßnahme festgelegt werden.
In Oberösterreich, Tirol und der Steiermark bestehen aber theoretisch ausreichend Möglichkeiten Schutzmaßnahmen am Gebäude im Bebauungsplan vorzusehen. Vor allem Inhalte wie beispielsweise die Anordnung der Gebäude am Grundstück, das Freihalten von Abflussgassen, das Vorsehen von Geländeveränderungen bzw. Ableitungsbauwerken, das Ausschließen von Nutzungen oder Gebäudeöffnungen an der gefahrenzugewandten Seite oder das Vorschreiben einer „hochwassergeschützten“ Bauweise wären in der Bebauungsplanung möglich.
In Niederösterreich hingegen sind gemäß § 30 Abs. 2 NÖ ROG Festlegungen von Objektschutzmaßnahmen gegen Naturgefahren in der Bebauungsplanung derzeit nicht möglich. Hier sehen die ExpertInnen großen Nachholbedarf, um das Instrument des Bebauungsplans auch für Festlegungen in Bezug auf Naturgefahren nutzen zu können.
Abbildung 2 zeigt die Vor- und Nachteile von Festlegungen von gefahrenangepassten Bauweisen im Bebauungsplan bzw. im Bauverfahren.